Geschäftsreisen: Sind Sie ein Ziel für Spione?

Florian Peil
von Florian Peil
Geschäftsreisen: Sind Sie ein Ziel für Spione?

Sie sind regelmäßig auf Geschäftsreise oder anderweitig beruflich unterwegs?

Dann sind Sie vielleicht ein interessantes Ziel für Spione.

Spionage auf Geschäftsreisen ist heute eine alltägliche Bedrohung für Mitarbeiter von Unternehmen, politischen Stiftungen und Hilfsorganisationen sowie für Journalisten.

Wenn Sie jetzt denken: „Für Spione bin ich uninteressant, ich weiß doch gar nichts?“, dann sage ich Ihnen: Wahrscheinlich irren Sie sich. 

Das gilt umso mehr, wenn Sie für Unternehmen oder Organisationen aus Deutschland, Österreich, Luxemburg oder der Schweiz auf Reisen sind.

Lesen Sie weiter, dann erfahren Sie

  • wie hoch der Schaden durch Spionage ist
  • welche Unternehmen im Fokus von Spionen stehen
  • warum gerade Reisende besonders gefährdet sind und
  • in welchen Ländern die Gefahr besonders hoch ist.

100 Milliarden Euro Schaden

Unter Spionage versteht man das verdeckte Sammeln von Informationen. Das können sensible persönliche Informationen sein, Wissen über Technologien oder Staatsgeheimnisse.

Wirtschaftsspionage ist die staatlich gelenkte oder unterstützte Spionage durch ausländische Nachrichtendienste.

100 Milliarden Euro: So hoch schätzt die Bundesregierung den Schaden durch Spionage pro Jahr allein für die deutsche Industrie.

Der Schaden durch Cyberangriffe, Spionage, Sabotage und andere Formen der Wirtschaftskriminalität beläuft sich demnach sogar auf rund 206 Milliarden Euro pro Jahr.

  • Knapp acht von zehn Unternehmen sind im Jahr 2023 Opfer solcher Angriffe geworden. 
  • Betroffen sind neben den großen Konzernen vor allem kleine und mittelständische Zulieferunternehmen sowie Forschungseinrichtungen.

Aber Achtung: Diese Zahlen sind beim Thema Spionage jedoch immer mit großer Vorsicht zu genießen.

Viele Spionage-Angriffe bleiben unbemerkt, eben weil sie verdeckt durchgeführt werden. Entsprechend fließen diese nicht in die Statistik ein. Die tatsächliche Zahl der Vorfälle und der betroffenen Unternehmen dürfte daher höher sein.

Viele Unternehmen bemerken die Spionage erst später, zum Beispiel wenn sie auf ausländischen Märkten exakte (und günstigere) Plagiate ihrer eigenen Produkte entdecken. So entstehen Unternehmen durch Spionage konkrete Nachteile durch 

  • Marktverdrängung
  • finanzielle Verluste
  • Reputationsschäden

Dennoch unterschätzen Unternehmen aus dem DACH-Raum die Bedrohung durch Spionage immer noch massiv.

Dabei stehen gerade sie bei fremden Nachrichtendiensten ganz oben auf der Liste der relevanten Aufklärungsziele. Noch immer gibt es hier Hunderte Weltmarktführer, Hidden Champions und innovative Unternehmen, an deren exklusivem Wissen andere Staaten das größte Interesse haben.

Besonders im Fokus fremder Nachrichtendienste stehen dabei Unternehmen aus den folgenden Branchen:

  • Automotive
  • Luftfahrt
  • Chemie
  • Maschinenbau
  • Verteidigung

All diese Unternehmen, vor allem aus Deutschland, dem (ehemaligen) Exportweltmeister, entsenden jedes Jahr Tausende von Mitarbeitern und Expats in die ganze Welt. Hinzu kommt das Personal der politischen Stiftungen und Hilfsorganisationen. 

Und hier kommen Sie ins Spiel.

Geschäftsreisende sind für Spione besonders interessant

Wie tauchen Sie nun auf dem Radar von Spionen auf?

Dafür braucht es nicht viel. 

Es reicht aus, als potenzieller Informationsträger identifiziert zu werden. Und als Mitarbeiter eines Unternehmens aus einer relevanten Branchen gehören Sie automatisch zu diesem Kreis.

Geschäftsreisende sind für Nachrichtendienste deshalb so interessant, weil sie auf Reisen viel verwundbarer sind als daheim. 

Reisende sind verwundbar, denn sie 

  • sind oft allein unterwegs
  • bewegen sich fernab der gewohnten Strukturen und
  • erfahren häufig nur eingeschränkte Unterstützung durch die Zentrale.

Diese Situation bietet Spionen zahlreiche Ansatzpunkte und Hebel für die Ausforschung, Annäherung und die Kontaktaufnahme - all das mit dem Ziel einer Abschöpfung von Informationen oder gar einer Rekrutierung als Agent für einen fremden Nachrichtendienst.

Wer reist, muss offener sein als zuhause. In einer fremden Umgebung haben wir keine bewährte Routine, die uns sicher und kräftesparend durch den Alltag hilft. Der Kontakt zu anderen Menschen ist ein Muss, um in der fremden Umgebung zurechtzukommen. Entsprechend leichter kommt man auf Reisen ins Gespräch: am Flughafen, im Taxi, im Hotel, im Restaurant und natürlich auf Messen und Konferenzen.

Gerade diese internationalen Veranstaltungen sind ein Tummelplatz für Wirtschaftsspione und fremde Nachrichtendienste.

Geschäftsreisen Spione

Hier sind Geschäftsreisende besonders gefährdet

In welchen Ländern sind Geschäftsreisende heute besonders gefährdet?

Fast überall.

Fakt ist: Wirtschaftsspionage macht an Landesgrenzen nicht halt. Fremde Nachrichtendienste operieren überall dort, wo es notwendig ist und die lokalen Verhältnisse dies erlauben.

Entsprechend sind die Dienste in jenen Ländern besonders aktiv, die ein permissives Umfeld bieten, nachrichtendienstliche Aktivitäten also entweder tolerieren (wie z.B. Österreich) oder nur in begrenztem Maße unterbinden, entweder weil dies der politische Wille der jeweiligen Regierung ist und/oder die eigene Spionageabwehr schwach ist (wie in Belgien). 

Viele Länder in Europa bieten ein permissives Umfeld. Dazu gehören neben Österreich und Belgien auch Deutschland und die Schweiz. Entsprechend sind die Hot Spots der Spionage in Europa vor allem folgende Städte:

  • Brüssel
  • Den Haag
  • Genf
  • Berlin
  • Wien

Besonders verwundbar und damit gefährdet sind Geschäftsreisende aber außerhalb Europas: in jenen Ländern, die über starke Nachrichtendienste verfügen und zudem aktiv Wirtschaftsspionage betreiben. Die Spionageabwehr des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zählt dazu vor allem die folgenden Länder:

  • China
  • Russland
  • Iran
  • Türkei

Auf dem eigenen Boden haben die Dienste ein Heimspiel und können diesen Vorteil voll ausnutzen. Den operativen und rechtlichen Möglichkeiten der Spionage sind gerade in totalitären Staaten kaum Grenzen gesetzt. In diesen Staaten fungieren die Nachrichtendienste als eine Art Allzweckwaffe des jeweiligen Regimes, oft mit nahezu unbegrenzten Befugnissen.

Bei Reisen in solche Länder ist daher besondere Vorsicht geboten. 

Eine Übersicht von Ländern, die Spionage betreiben und Interesse an Ihnen und Ihrem Wissen haben können, liefert die aktuelle „Staatenliste“ des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat (BMI).

Was allerdings gerne übersehen wird: Auch westliche Länder wie Frankreich und die USA betreiben gezielt Wirtschaftsspionage, um die eigene Wirtschaft zu stärken. Sie tun das auch gegen Verbündete, wie spätestens die Enthüllungen von Edward Snowden 2013 bewiesen haben. 

Sind Sie ein Ziel?

Gehören Sie zu der oben beschriebenen Personengruppe?

Dann sind Sie mit großer Wahrscheinlichkeit ein interessantes Ziel für fremde Nachrichtendienste - und damit auf Geschäftsreisen durch Spionage gefährdet.

Wie können Sie sich effektiv gegen Spionage auf Geschäftsreisen schützen?

Das erfahren Sie im nächsten Artikel. 

Im zweiten Teil der Serie zum Thema Spionage auf Geschäftsreisen geht es um die 5 Prinzipien, mit denen Sie Ihren Schutz vor Spionage auf Geschäftsreisen effektiv erhöhen können.

Übrigens: Abonnenten erfahren immer zuerst von neuen Artikeln. 

Tragen Sie sich doch hier gleich für den Newsletter ein. ⬇️


Fotos: Andrik Langfield & Icarus Chu / Unsplash

Florian Peil
Florian Peil
Ich bin Florian Peil. Als Sicherheitsberater und Trainer stärke ich die Abwehrkräfte von Unternehmen und schule Menschen für den souveränen Umgang mit Risiko und Gefahr. Zuvor war ich Mitarbeiter einer Sicherheitsbehörde im Bereich Terrorismusbekämpfung. Als Islamwissenschaftler bin ich Spezialist für die Region Nahost und Nordafrika.
Kostenloser Newsletter

Hier die Blog-Artikel abonnieren.

Ihre Daten sind sicher. Hier ist unsere Datenschutzerklärung.
..