So schützen Sie sich vor Spionage auf Geschäftsreisen

Florian Peil
von Florian Peil
So schützen Sie sich vor Spionage auf Geschäftsreisen

Spionage auf Geschäftsreisen ist heute zu einer alltäglichen Bedrohung geworden.

In einer dreiteiligen Blog-Serie beleuchte ich das Phänomen und zeige Wege auf, wie sich Reisende gegen Spionage schützen können.

  • Teil 1 geht der Frage nach, ob Sie ein Ziel für Spione sind und in welchen Ländern die Gefahr besonders hoch ist.
  • Hier in Teil 2 geht es um klassische Spionage-Techniken rund um den Faktor Mensch.
  • Teil 3 befasst sich mit den technischen Aspekten der Spionage.

In den folgenden 5 Minuten lernen Sie 5 Prinzipien kennen, die Ihnen helfen, sich besser gegen Spionage auf Geschäftsreisen zu schützen. 

Unser Ziel besteht darin, Sie zu einem härteren Ziel für Spione zu machen, also zu einem Ziel, an dem sich Spione aller Art die Zähne ausbeißen.

Los geht’s.

Spionage auf Geschäftsreisen: HUMINT und der Faktor Mensch

Spionage wird in Unternehmen häufig noch immer auf „Hacking“, „Cyber Security“ oder „Informationssicherheit“ reduziert, also auf die technischen Aspekte. Diese sind heute zweifellos äußerst wichtig.

Doch die Fixierung allein auf die Technik macht blind gegenüber den klassischen Vorgehensweise der Spionage: der Gewinnung von Erkenntnissen durch menschliche Quellen (human intelligence, HUMINT). Das ist zumindest der Eindruck, den ich gewonnen habe.

Nicht umsonst wird Spionage als das zweitälteste Gewerbe der Welt bezeichnet. So hat bereits Sun Tzu (Sunzi) in seinem Klassiker der Militärstrategie „Die Kunst des Krieges“ dem Einsatz von Spionen ein ganzes Kapitel gewidmet. Das war ca. 500 Jahre vor Christus.

Der Mensch ist und bleibt der Dreh- und Angelpunkt aller erfolgreiche Spionage-Operationen - auch und gerade auf Dienst- und Geschäftsreisen.

Hier sind 5 Prinzipien, die Sie zu einem härteren Ziel machen und Ihnen damit helfen, sich gegen Spionage auf Geschäftsreisen zu schützen. ⬇️

Prinzip 01: Sie müssen die Lage vor Ort kennen

Der erste Schritt zum Schutz vor Spionage auf Geschäftsreisen besteht darin, dass Sie die Bedrohungslage am jeweiligen Zielort kennen. Sie müssen die Akteure kennen und wissen, wie diese Spionage betreiben: Wie könnten Spione konkret an Sie herantreten?

In Teil 1 der Serie habe ich aufgelistet, in welchen Ländern Sie besonders mit Spionage zu rechnen haben. Jetzt geht es darum zu verstehen, welche Akteure vor Ort operieren und welche Taktiken diese nutzen.

Sind es vor allem die Nachrichtendienste des jeweiligen Landes? Ausländische Dienste? Oder Privatermittler, die Wirtschaftsspionage im Auftrag eines Wettbewerbers betreiben?

Nachrichtendienste haben sehr unterschiedliche Fähigkeiten und unterscheiden sich in ihren Vorlieben für bestimmte Vorgehensweisen. Die einen setzen stark auf technische Aufklärung (signals intelligence, SIGINT), andere hingegen nutzen vor allem menschliche Quellen (HUMINT).

Zu den gängigen nachrichtendienstlichen Vorgehensweisen gehören unter anderem

  • Observation
  • Überwachung von Internet und Telekommunikation
  • Durchsuchen von Gepäck und Hotelzimmern
  • Abhörmaßnahmen (Wanzen und Kameras)
  • Gesprächsaufklärung
  • Verhaftungen
  • Honigfallen

All diese Taktiken dienen dazu

  • einen Erstkontakt aufzubauen
  • Informationen direkt zu erlangen („abschöpfen“)
  • belastende Informationen gegen Sie zu sammeln („Kompromat“)

Am Ende wollen Spione Informationen: die auf Ihrer Festplatte oder die in Ihrem Kopf.

Spionage auf Geschäftsreisen Lage

Prinzip 02: Kenntnis nur, wenn nötig

Je mehr Informationen über Sie öffentlich zugänglich sind, desto leichter finden Nachrichtendienste und Wirtschaftsspione Ansatzpunkte für eine Kontaktaufnahme und eine mögliche Rekrutierung.

Im Gegenzug gilt: Je weniger Informationen Sie über sich preisgeben, desto kleiner ist die Angriffsfläche und desto schwerer machen Sie es potenziellen Angreifern.

Hier kommt eines der fundamentalen nachrichtendienstlichen Prinzipien ins Spiel: Kenntnis nur, wenn nötig (engl. need to know).

Beschränken Sie die persönlichen und beruflich sensiblen Informationen, die Sie mit anderen Menschen teilen, auf ein Minimum.

Für den Reisealltag bedeutet das zweierlei:

Kein Oversharing. Ob in Social Media oder im persönlichen Gespräch mit Fremden: Teilen Sie möglichst keine Informationen, die Aufschluss über Ihr Reiseziel, Ihre Pläne und Ihren aktuellen Aufenthaltsort geben. Niemand muss wissen, wann Sie wohin Sie fliegen, in welchem Hotel Sie wohnen und mit wem Sie unterwegs sind.

Wenn Sie unbedingt etwas posten möchten oder müssen, dann tun Sie das zeitversetzt, zum Beispiel nachdem Sie einen Ort bereits wieder verlassen haben.

Geben Sie außerdem keine persönlichen Informationen an folgende Personengruppen:

  • Taxifahrer
  • Rezeptionisten
  • Room Service
  • Kellner
  • Verkäufer
  • Passanten

Es gibt Regionen, wo gefühlt jeder Zweite als Informant für einen Dienst arbeitet. Ich wiederhole daher: Geben Sie keine persönlichen oder sensiblen Informationen an Ihnen nicht gut bekannte Personen weiter - Kenntnis, nur wenn nötig!

Keine Lügen. Gerade in totalitären Staaten wissen die lokalen Nachrichtendienste natürlich, dass Sie da sind und wo Sie sich aufhalten. Sollten diese Interesse haben, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, dann stehen ihnen dafür zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung.

Der einfachste Weg besteht meist in einer Befragung. Der Vorwand dafür kann zum Beispiel eine Routinekontrolle oder eine vorgeschobene Visumangelegenheit sein.

Hier gilt: Im Umgang mit Behörden strikt bei der Wahrheit bleiben. Keine Lügen! ☝🏻

Erstens gibt es keinen Grund dafür, Lügen zu erzählen, wenn Sie auf Geschäftsreisen sind. Zweitens wird Sie jeder halbwegs geübte Befrager innerhalb von Minuten durchschauen und der Lüge überführen können.

Der Trick, die beiden Prinzipien „Kenntnis nur, wenn nötig“ und „Keine Lügen“ zu vereinen, besteht darin, niemals die ganze Wahrheit zu erzählen.

  • Geben Sie ausschließlich jene Informationen preis, nach denen Sie konkret gefragt wurden - aber kein Wort mehr.
  • Sollte Ihr Gegenüber mehr wissen wollen, dann wird er (oder sie) nachfragen.

Offene Fragen à la „Wie gefällt Ihnen unser Land?“ oder „Wie bewerten Sie Sachverhalt xy?“ lassen sich oft umschiffen, indem man sagt, man wisse nichts darüber und könne das entsprechend nicht beurteilen.

Kenntnis nur, wenn nötig - um Ihren nachrichtendienstlichen Gegenspielern keine Munition für weitere Befragungen oder eine Rekrutierung zu liefern.

Prinzip 03: Keine Gesetze übertreten

Nachrichtendienste suchen stets nach Ansatzpunkten, Hebeln und Druckmitteln bei ihren Zielpersonen. Die Kernfrage lautet: Wie bekommt man eine Zielperson dazu, sensible Informationen an einen fremden Nachrichtendienst weiterzugeben - oder gar langfristig für diesen zu arbeiten?

Eine gängige Methode besonders in totalitären Staaten ist die Verhaftung. Auf diese Weise haben Polizei und Nachrichtendienste Sie in der Hand und können Sie massiv unter Druck setzen.

Übliche Verstöße auf Geschäftsreisen sind

  • Probleme mit Dokumenten
  • Drogenkonsum
  • Prostitution

In vielen Ländern stehen auf den Konsum von Drogen lange Gefängnisstrafen, manchmal sogar die Todesstrafe. Ebenso ist käuflicher Sex offiziell verboten. Dennoch gibt es Prostitution in jedem Land der Welt.

Nach einer Verhaftung spielt es keine Rolle, ob Sie tatsächlich Drogen konsumiert haben oder Ihnen diese untergeschoben wurden. Ebenso ist es egal, ob der Verkehrsunfall fingiert war oder nicht - in Haft haben Sie schlechte Karten und eine miserable Verhandlungsposition. 

Denn jetzt können Spione Sie entweder ausführlich befragen und im Gespräch Informationen abschöpfen - oder Sie so massiv unter Druck setzen, dass Ihnen als einziger Ausweg die Arbeit für einen fremden Nachrichtendienst angetragen wird.

  • Liefern Sie Spionen und Nachrichtendiensten auf Geschäftsreisen keinen Vorwand, um Sie zu verhaften. 
  • Liefern Sie Ihren Gegnern keine Munition, indem Sie Rauschmittel konsumieren. 
  • Meiden Sie Etablissements, wo Sie in kompromittierende Situationen kommen können.

Und damit wären wir bereits beim nächsten Prinzip.

Prinzip 04: Skepsis gegenüber neuen Kontakten

Seien Sie neuen Kontakten gegenüber skeptisch und zurückhaltend - vor allem bei ungewöhnlich positiven Begegnungen.

Wie in Teil 1 der Serie beschrieben sind Menschen auf Reisen in der Regel offener als zuhause. Ohne den ständigen Kontakt zu fremden Menschen wäre eine Reise nicht durchführbar.

Das wissen auch Spione. Sie können eine Geschäftsreise nutzen, um sehr gezielt einen Erstkontakt zu Ihrer Zielperson aufzubauen.

  • Dabei kann es einerseits darum gehen, einen Kontakt aufzubauen, um direkt Informationen im Gespräch abzuschöpfen oder die Zielperson (also Sie) später für eine Zusammenarbeit zu rekrutieren.
  • Eine anderes Ziel kann darin bestehen, belastendes Material gegen Sie zu sammeln, um Sie damit später unter Druck setzen und gefügig machen zu können: ein sogenanntes „Kompromat“. Das können zum Beispiel die oben erwähnten (inszenierten) Gesetzesverstöße sein. 
  • Eine andere und häufig eingesetzte Variante sind sogenannte „Honigfallen“ (engl. honey traps), auch Venusfallen genannt.

Dies ist eine Technik, die auch von Nachrichtendiensten gerne eingesetzt wird. Unter anderem die Dienste Russlands und Chinas nutzen diesen Modus Operandi oft und gerne.

Bei einer Honigfalle geht es entweder darum, kompromittierendes Material zu schaffen, um die Zielperson damit unter Druck zu setzen und zur Kooperation zu zwingen. Dieses Material sind heute vor allem Sexvideos.

Es kann aber auch um den Aufbau einer persönlichen (romantischen) Beziehung gehen, um langfristig Informationen abzuschöpfen.

  • In beiden Fällen sind Männer deutlich anfälliger als Frauen.
  • Klassische Orte der Kontaktaufnahme sind Hotelbars und Nachtclubs, aber auch Messen. 
  • Auch Dating Apps werden von Nachrichtendiensten heute intensiv zur Kontaktaufnahme genutzt.

Seien Sie als Mann also skeptisch, wenn auf Geschäftsreisen plötzlich Ihre Traumfrau in Ihr Leben tritt.

Faustregel: Wenn es zu schön ist, um wahr zu sein - dann ist es nicht wahr.

Geschaeftsreisen Menschen in Hotelbar

Prinzip 05: Keine Spielchen

Das Wichtigste zum Schluss: keine Spielchen.

Ich habe Teilnehmer (meist junge Männer) in meinen Trainings und Briefings erlebt, die so begeistert von der Materie waren, dass sie nur darüber sprechen wollten, wie man Überwachung entdecken und Observanten abschütteln kann.

Das ist hochspannend, keine Frage. Aber es geht nicht darum, Geschäftsreisende zu Jason Bournes auszubilden. Im Gegenteil, das kann Sie gerade in totalitären Staaten in Gefahr bringen.

Denn sollten die lokalen Nachrichtendienste das Gefühl bekommen, sie haben nicht einen Geschäftsreisenden im Visier, sondern einen (schlecht ausgebildeten) Mitarbeiter eines ausländischen Nachrichtendienstes - dann kann Sie das in Teufels Küche bringen. Sie könnten dann wie ein feindlicher Spion behandelt werden, nicht wie ein Geschäftsreisender.

Als Spion alleine in einem fremden, feindlichen Land ist hart. Wesentlich härter ist es allerdings, in einem fremden Land für einen Spion gehalten zu werden.

Sie haben keine Ausbildung für diesen Fall - und keine Ahnung, was Sie tun. Sie sind ohne Notfallplan, ohne Schutz und ohne Unterstützung.

Keine gute Idee.

Bringen Sie sich also nicht unnötig in Gefahr, indem Sie zweifelhafte Tricks anwenden, die Sie mal im Kino gesehen haben. Unterlassen Sie vor allem folgendes:

  • Bleiben Sie nicht vor Schaufensterscheiben stehen, um zu beobachten, wer sich hinter Ihnen befindet.
  • Sollte Ihnen jemand folgen, versuchen Sie nicht, die Person abzuschütteln. 
  • Sollten Sie sich bedroht fühlen, nehmen Sie lieber ein Taxi und fahren zurück ins Hotel.

Verhalten Sie sich wie immer, auch wenn das schwerfällt. Beobachten Sie entspannt Ihre Umgebung, nehmen Sie Auffälligkeiten wie zum Beispiel Überwachung zwar zur Kenntnis, ändern Sie aber Ihr Verhalten nicht. Ihre Beobachtungen melden Sie dann den Sicherheitsbeauftragten in Ihrem Unternehmen (sofern vorhanden) oder fragen den Sicherheitsbeauftragten Ihrer Botschaft um Rat.

Fazit

Spionage auf Dienst- und Geschäftsreisen ist heute allgegenwärtig. Der beste Schutz vor Spionen besteht darin, diesen möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Bereits mit einfachen Methoden können Sie Wirtschaftsspionen und fremden Nachrichtendiensten das Leben schwerer machen. Die 5 Prinzipien geben Ihnen dabei eine erste Orientierung.

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Wenn Sie wissen wollen (oder müssen)

  • wie hoch die Bedrohung durch Spionage an Ihrem nächsten Reiseziel ist
  • mit welchen Akteuren Sie es dort zu tun bekommen könnten
  • wie Sie sich auf die Reise vorbereiten könnten
  • und wie Sie sich vor Ort verhalten sollten

dann habe ich zwei Angebote für Sie:

Threat Briefings: Hier erfahren Sie in nur zwei Stunden alles Relevante über Ihren Zielort und die Bedrohungslage vor Ort.

Training „Sicherheit in totalitären Staaten“: Hier bereiten wir gemeinsam Ihre Reise vor, entwickeln Ihr individuelles Risikoprofil und legen einen Aktionsplan für Ihr Verhalten vor Ort fest.


Fotos: Randy Rooibaatjie / Annie Spratt / Alexander Gamanyuk, alle Unsplash

Florian Peil
Florian Peil
Ich bin Florian Peil. Als Sicherheitsberater und Trainer stärke ich die Abwehrkräfte von Unternehmen und schule Menschen für den souveränen Umgang mit Risiko und Gefahr. Zuvor war ich Mitarbeiter einer Sicherheitsbehörde im Bereich Terrorismusbekämpfung. Als Islamwissenschaftler bin ich Spezialist für die Region Nahost und Nordafrika.
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